Pangga Bata im September 2002

Che-Che ist zehn Jahre alt. Sie irrte tagelang verloren durch die Straßen der Millionenstadt Cebu City, bevor Sozialarbeiter auf sie aufmerksam wurden. Seit wenigen Tagen bietet das Kinderdorf Pangga Bata auf den Philippinen ihr Obdach. Das erfuhr Helga Range, Vorsitzende der Aktion Wasserbüffel, jetzt per Email von den Philippinen. Auch drei weitere Kinder wurden neu in Pangga Bata aufgenommen. Damit sind es fünfzehn verlassene, misshandelte und missbrauchte Kinder im Alter zwischen drei und fünfzehn Jahren, die dank der Unterstützung durch die Aktion Wasserbüffel e.V. im Kinderdorf liebevolle familiäre Zuwendung – das bedeutet der philippinische Ausdruck Pangga Bata - erfahren. Das hatten Helga und Jochen Range sich nicht träumen lassen, dass der Fortbestand von Pangga Bata und damit das Heim für fünfzehn herumgestoßene Kinder von der Aktion Wasserbüffel und ihrer Möglichkeit, Spenden zu mobilisieren, abhängen würde. Im Februar hatten sie Pangga Bata besichtigt, gemeinsam mit ihrem Projektpartner Butch Carpintero, mit dem sie in der Randgemeinde Pit-os von Cebu City ein Kinderlernzentrum mit Kindergarten und Vorschule gegründet hatten – mit Förderung durch das Land Nordrheinwestfalen..

Butch, ehemaliger Priesterseminarist, leitet das Kinderdorf seit dem vergangenen Jahr. Aktion Wasserbüffel wollte ein kleines Hilfsprojekt finanzieren. Ein Wasserbüffel, Schweine, Ziegen und Hühner, sowie Samen und Setzlinge wurden für das Kinderdorf gekauft. Damit sollte das vier Hektar große Gelände landwirtschaftlich bewirtschaftet und die Selbstversorgung verbessert werden. Aber es kam alles anders.

Plötzlich teilte die private holländische Hilfsorganisation, die das Projekt gegründet und gefördert hatte, mit, dass sie aus persönlichen Gründen keine Förderung mehr geben könne. Das Kinderdorf stände vor dem Aus, wenn nicht Aktion Wasserbüffel seit April eingesprungen wäre. "Eigentlich ist das Projekt für uns zu groß", meint die Vorsitzende Helga Range, "aber wir können die Kinder, die gerade eine Heimstatt gefunden haben, ja nicht wieder auf die Straße setzen. Also müssen wir versuchen, zusätzliche Spender und Förderer zu finden. Unsere anderen Projekte auf den Philippinen, das Dorf Cara-an, das Lernzentrum Batang Pit-os und das Gesundheitsprojekt in Bohol sollen nicht darunter leiden." Unter anderem für diese Projekte haben Helga und Jochen Range im Juni dieses Jahres von Landrat Spelthahn einen Bürgerpreis des Kreises Düren für ihr Engagement für ausländische Mitbürger erhalten.

Platz im Kinderdorf wäre für dreißig Kinder, auch stehen geschulte Betreuer zur Verfügung. Viele Kinder sind geschädigt, auch durch sexuellen Missbrauch, und brauchen psychologische Betreuung. Che-Che verstummt, wenn sie gefragt wird, wo ihre Eltern wohnen. Trotz einer Kampagne im Radio und in den Zeitungen mit dem Foto Che-ches hat sich seit Wochen niemand gemeldet, der für das Kind verantwortlich ist. Che-Che selbst sagt nur, sie will nie wieder nach Hause. Die achtjährige Tricy ist von ihrer Mutter einfach auf dem Markt von Cebu City ausgesetzt worden. Niemand hat sich gemeldet, der sie vermisst. "Wie Tricy und Che-Che geht es vielen Kindern auf den Philippinen," sagt Helga Range, "deshalb wollen wir trotz der knappen Mittel keinem Kind die Aufnahme verweigern." Anderthalb Millionen der fast zwanzig Millionen philippinischen Kinder leben als Straßenkinder. Mindestens 75.000 Kinder werden zur Prostitution feilgeboten. Schätzungen sprechen davon, dass jedes dritte philippinische Kind irgendwann missbraucht wird. Amy Cabalda, Ende Mai in Pangga Bata aufgenommen, ist das siebte Kind von elf Geschwistern. Die Mutter starb, als sie zwei Jahre alt war. Sie war fast den ganzen Tag sich selbst überlassen. So ging sie häufig zu den Nachbarn und erhielt dort auch Essen. Der 50jährige Nachbar missbrauchte sie sexuell.

Die Kinder sind glücklich in Pangga Bata. Sie haben eine Chance. Sie bedankten sich stellvertretend bei Helga Range für die Spender in Deutschland in der vergangenen Woche mit einem Glückwunschfoto zum Geburtstag per Email.

Glückwunschfoto aus Pangga Bata: Untere Reihe 1.v. rechts Amy Cabalda, 1.v. links Tricy, obere Reihe 2.v.l: Che-Che