Menschenrechtsverteidigerin auf den Philippinen erschossen

Die philippinische Menschenrechtsanwältin Solema (Sol) Jubilan, Partnerin von amnesty international und besonders freundschaftlich mit Helga und Jochen Range von der Jülicher ai-Gruppe und von Aktion Wasserbüffel verbunden, wurde am Samstag, den 28. April, in Kidapawan auf Mindanao erschossen. Sie war Kandidatin für die Wahlen zum philippinischen Repräsentantenhaus. Die Polizei meldete, ein Schuss aus der Pistole ihres Leibwächters habe sich gelöst, während er die Türe ihres Autos öffnen wollte. Dabei sei Sol in den Rücken getroffen worden. Trotz mehrerer widersprüchlicher Schilderungen des Ablaufs durch den Leibwächter bezeichnete die Polizei nach wenigen Stunden das Ereignis als Unfall. Zeugen des mutmaßlichen Unfalls gab es nicht.

Am Menschenrechtstag 1988 war Solema Jubilan auf Vorschlag der Jülicher Philippinenexperten der deutschen Sektion von amnesty international von Bundespräsident von Weizsäcker empfangen worden. Als Mitglied philippinischer Anwaltsorganisationen, die freie Rechtshilfe für Opfer von Menschenrechtsverletzungen anbieten, erhielt Sol Morddrohungen, nachdem sie vom Militär als Kommunistin gebrandmarkt worden war, weil sie vorwiegend arme Leute vertrat. Ihr Kinderheim für Waisen des Bürgerkrieges wurde vom Militär fälschlich als Ausbildungsstätte für Guerillakämpfer denunziert.

Solema Jubilan war 1990 und 1992 eingeladene Rednerin auf den Jahresversammlungen von amnesty international und war mehrfach Gast bei Familie Range in Jülich. Während ihres Aufenthaltes gingen in ihrem Anwaltsbüro Morddrohungen ein, so dass auf Betreiben von Helga und Jochen Range amnesty international Eilaktionen weltweit zu ihrem Schutz herausgab. Die deutsche ai-Sektion unterstützte ihr Kinderheim mit Hilfszahlungen. In den 90er Jahren nahm Sol immer wieder Partei für Rechtlose und Bedrohte, besonders für geschlagene Frauen und verlassene und missbrauchte Kinder, die sie auch in ihrem Kinderheim aufnahm. Auch gegen die gewaltsame Vertreibung landloser Siedler von öffentlichen Grundstücken oder vom Land von Großgrundbesitzern setzte sie sich ein, ebenso wie ihr Bruder. Ihr Bruder wurde erschossen, möglicherweise im Auftrag einflussreicher Großgrundbesitzerfamilien. In einem Landkonflikt in der Nachbarprovinz vertrat Sol den Anspruch einer Gemeinschaft von Ureinwohnern auf das Land ihrer Vorfahren gegen den Landtitel einer Großgrundbesitzerfamilie. Lokale Anwälte waren aus Angst vor der mächtigen Familie mit ihrer Privatarmee dazu nicht bereit. Sol beschränkte sich nicht auf Rechtshilfe, sondern adoptierte die zweijährige Tochter eines ermordeten Ureinwohners als eigenes Kind, später adoptierte sie ein weiteres verlassenes Kind (Foto: Sol mit Kindern). Auch amnesty international setzte sich für die Ureinwohner ein. Helga und Jochen Range vertraten ai vor Ort beim Gespräch mit den Behörden und in einer Pressekonferenz, gemeinsam mit der Anwältin.

Das Gründungsprojekt der Aktion Wasserbüffel, die Dorfentwicklung und Schule des Flüchtlingsdorfes Kara-an, wäre ohne Sols tatkräftige Unterstützung nicht möglich gewesen. Bei allen Problemen in den späteren Projekten von Aktion Wasserbüffel in den Philippinen war Sols Hilfe von unschätzbarem Wert, bis heute.

Immer wieder benannte Sol mutig die Strukturen, die die Menschenrechtsverletzungen auf den Philippinen ermöglichen. Diese Strukturen, vor allem die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzer und die Verwicklung von Militär und Polizei in die politischen Morde, bestehen bis heute. Die Anzahl politischer Morde vorwiegend an Mitgliedern linker Oppositionsparteien und Journalisten hat sich in den letzten Jahren in erschreckendem Ausmaß gesteigert, so dass amnesty international eine internationale Kampagne begonnen hat.

Ende der 90er Jahre beschloss Sol, durch politische Arbeit die Verhältnisse zu ändern. Sie wurde mit größter Stimmenzahl in die Provinzregierung gewählt und machte sich durch kompromissloses Eintreten für die Rechte von Armen, Randgruppen und Frauen nicht nur Freunde. Sie beugte sich auch der Guerillaarmee NPA nicht, die unter Drohungen so genannte Wahlkampfsteuern von den Kandidaten erpresste. Im Jahr 2006 beschloss sie, gegen die etablierten Politiker als Kandidatin für die Kongresswahlen im Mai 2007 anzutreten. Sie galt als aussichtsreichste Kandidatin. Ihr plötzlicher Tod stoppte sie kurz vor dem Ziel, als Kongressabgeordnete auch politische Macht für Menschenrechte einzusetzen.

Es gibt einen Grund zur Trauer für amnesty international und besonders für Helga und Jochen Range von der Jülicher ai-Gruppe und von Aktion Wasserbüffel, denn mit Solema Jubilan verloren sie eine gute persönliche Freundin und Ratgeberin und eine mutige und wirkungsvolle Mitstreiterin für die Menschenrechte.